Dorfchronik Langenstein
Für die nachfolgenden Informationen haben wir mit freundlicher Genehmigung des MGV auf die Dorfchronik der Festschrift anlässlich des 125-jährigen Bestehens des MGV 1876 „Frohsinn“ Langenstein e.V. zurückgegriffen.
In dieser wird auf über 60 Seiten die ausführliche Geschichte unseres Hessendorfes im Marburger Land erzählt. Wer sich dafür interssiert, kann beim MGV noch Exemplare der Festschrift erwerben.
Auf unserer Internetseite möchten wir nur einige Eckdaten zur Geschichte von Langenstein widergeben, sozusagen eine Kurzform ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Falls Ihnen eine wichtige Information fehlt oder Sie noch nicht veröffentliche Anekdoten für diese Seite haben, senden Sie uns gerne die entsprechenden Informationen. Kontaktmöglichkeiten finden Sie hier
Vorzeitliche Geschichte unserer Hessenheimat
Jahrmillionen brauchte unsere Hessenheimat, bis sie das heutige Aussehen bekam. Erst später erkaltete die Erde. Ihr Kleid war ihr zu eng geworden. Erdmassen sanken in die Tiefe und pressten an anderer Stelle glutflüssigen Basalt hervor. So entstanden die beiden Burgberge Amöneburg, die Hügel von Kirchhain und Schweinsberg. Das Meer trat nach und nach zurück. Ohm- und Lahnabwärts flossen die Wasser. In den Wäldern der Heimat hauste uriges Wild – Mammut, Elch, Bär und Ren. Die Steinzeitmenschen waren Jäger, Sammler, Fischer und wandernde Viehzüchter. Die ersten Ackerbauern ließen sich 3500 v.Chr. bei uns nieder. In der Elmsdorfer Heide zwischen Erksdorf und Langenstein wurde eine Wohngrube der Bauern gefunden.
Um 2500 v.Chr. begann die Metallzeit: die Geräte und Waffen wurden zuerst aus weichem Kupfer, dann aus Bronze und schließlich aus Eisen hergestellt. Aus dieser Epoche stammen die Hünengräber bei Emsdorf, Stadtallendorf und besonders in dem nahen Brücker Wald.
Vor fast 3000 Jahren wohnten dann in unserem Raum die Kelten. Aus keltischer Zeit stammen der berühmte Menhir, der Lange Stein und ein bedeutendes rechts- und kulturgeschichtliches Altertum und Namen wie Ohm = Amana = Fluss und Klein, eigentlich Gleen = reines Wasser.
Der Lange Stein
Der Menhir, aus wohl keltischer Zeit, am uralten Kirchhof Langensteins, wird zum Teil in der Jungsteinzeit, von anderen Wissenschaftlern in die Keltenzeit um 600 v. Chr. datiert, wäre im ersten Fall ca. 1500 Jahre älter. Frühere Deutungen, heute überholt, glaubten die „Wodans“-Darstellungen an der heutigen Jakobskirche im Zusammenhang mit dem Stein zu sehen, an dem Gott Wodan bzw. keltischer Guidian verehrt worden wären. Diese Annahmen sind überholt.
Richtig aber dürfte sein, dass am Langen Stein eimal die Malstatt der bisher noch nicht sicher erschlossenen Cent (Hundertschaft) des nördlichen Amöneburger Beckens gewesen ist. Der prähistorische Menhir war 6,30 m hoch, wurde aber durch Blitzschlag auf heute 4,75m Höhe bis 2,30m Breite und 20-30 cm Dicke verkürzt.
Die Sage
erzählt von jener Frau, die 1527 zu spät zum ersten evangelischen Gottesdienst kam. Sie hatte Heu gemacht und stellte Sense und Wetzestein neben die Kirchhofsmauer, bevor sie in das Gotteshaus eintrat. Als sie herauskam, war der Wetzestein zum Langen Stein erwachsen.
Wer hat ihn nun wirklich errichtet?
Die Kelten, wie in Teilen Westeuropas ihre Menhire oder Monolithen, wenn wir an die Bretagne, an Wales denken? Fest steht, dass der Buntsandstein hier an einer Kult- oder Gerichtstätte zentral errichtet wurde. Er gehört zu den in der ganzen europäischen Fachliteratur bekannten Riesensteinen. Hier stand auch eine uralte Linde, die durch Blitzschlag vor ca. 100 Jahren vernichtet wurde und an deren Stelle wieder ein sehr schön gewachserer Lindenbaum steht. Sicherlich an Stelle einer wichtigen Gerichts- oder Thingstätte. Schon 1223 wird der Ort Langenstein ja nach diesem Riesenstein genannt.
Überblick der Entwicklungen von damals bis heute
Mainz war seit 721 Herr im Ohmbecken. Netz und Langenstein dürften zu seinem Altbesitz zählen. Um 1120 erhielt Mainz vom dominus Hugo das „predium Netze“. Später erinnert ein Prozess daran, als 1403 laut Deutscher Reichsakten Mainz seinen Anspruch auf Langenstein erneuert. Das dürfte auf dem Mainzer Kauf der Grafschaft Ruchesloh 1237 zurückzuführen sein. Netz war erworben worden, ebenso ist bezeugt der Mainzer Zehnte und die vermutete Zugehörigkeit der Herren von Langenstein zur Mainzer Dienstbarkeit.
Heinrich von Langenstein
Er war der bedeutendste, leider fast vergessene, Sohn unserer Gemeinde. Unter der geringen Zahl der Hessen, die sich im Mittelalter durch wissenschaftliche Leistungen ausgezeichnet haben, ist Heinrich von Langenstein, genannt von Hessen, aus unserem Dorfe – hier auf Hof Hainbuch um 1325 geboren – zweifelsohne der Bedeutendste. Dennoch ist das Andenken an diesen Mann, den man einst das Licht der Kirche nannte, fast erloschen. In Wien und überall in deutschen Landen galt Langenstein als der Gründer der Universität Wien. Viele Ehrungen erfuhr er. Sein Todestag wurde der 11.Februar 1397. Er wurde unter großem Gepränge im St. Stephansdom an dem Altare des Evangelisten Johannes beigesetzt. Ein freimütiger, bedeutender Zeitgenosse, ein weltbekannter Theologe, Astronom, Mathematiker und Philosoph, ein Universaldenker war mit ihm dahingegangen, dessen Ruhm längst wieder erweckt werden sollte. Er galt als Prophet vor der Reformation.
Dr. Otto Hartwig schrieb einst eine Dissertation in Marburg über Leben und Schriften des Henricus de Langenstein dictus de Hassia… Weitere Informationen und Verweise auf die vielen Schriften von ihm können über folgende Links aufgerufen werden:
Deutschritterorden in Langenstein
Wir erlebten, wie nach und nach die Herren von Langenstein ihr Eigentum und ihre Rechte an die Ritter vom Deutschen haus zu Marburg veräußerten – mindestens seit 1256. Zwischen 1320 und 1357 kamen die Ordensritter in den Besitz des Kirchensatzes, den man „jus patronatus nennet“. Welche Bedeutung die Ritter des Ordens ihrem Eigentum in Langenstein beimaßen, erkennen wir auch in dem prachtvollen Bauwerk unserer Deutschordenskirche.
500 Jahre können wir den Orden als Eigentümer von Langenstein verfolgen.
Die Herren von Langenstein und der Deutschorden bestimmten bis zum 15. Jahrhundert die Urkunden und Nachrichten.
1592 erzählt uns das Salbuch Kirchhains
manches über Langenstein. Insgesamt standen hier einschließlich Netzmühle bereits 50 Häuser! Zog jemand neu ins Dorf ein, so hatte er Einzugsgeld zu zahlen. 6 Taler, jeder zu 18 Batzen an Beamte u n d ebensoviel an Nachbarn. Heiratete ein Einheimischer eine „ausländische“ Frau, so zahlte sie zweimal 1,5 Taler. Heiratete ein Mann nach Langenstein ein, so gab er zwei mal 3 Taler.
Die drei Dörfer Langenstein, Niederwald und Kirchhain gehörten zum Amt Kirchhain und zählten zum dortigen Stadtgericht als „leibeigen“
Bevökerungszuwachs in Zahlen
Wie sehr und wie schnell sich unsere Heimat verändert hat, erkennen wir am besten aus den Ortsbeschreibungen von vor 100 Jahren, aus denen wir hier die Zahlen für Langenstein herausstellen möchten:
- 1775 gab es hier 427 Einwohner
- Um 1859 betrug die Einwohnerzahl für das zum Amt Kirchhain gehörende Langenstein mit Hof Netz 638 in 121 Familien
- 1885 betrug die Einwohnerzahl 617 Einwohner
- 1939 zählte das Dorf fast 800 Einwohner in 140 Häusern
- 250 Flüchtlinge erhöhten bis 1947 die Einwohnerzahl auf 1050
- 1967 betrug die Einwohnerzahl 916
- 2012 wohnten 1.048 Einwohner mit Hauptwohnung und 1.098 mit Haupt- und Nebenwohnung in Langenstein
- 2013 wohnten 1.038 Einwohner mit Hauptwohnung und 1.088 mit Haupt- und Nebenwohnung in Langenstein
- 2014 wohnten 1.014 Einwohner mit Hauptwohnung und 1.062 mit Haupt- und Nebenwohnung in Langenstein
- 2015 wohnten 1.009 Einwohner mit Hauptwohnung und 1.069 mit Haupt- und Nebenwohnung in Langenstein
- 2016 wohnten 994 Einwohner mit Hauptwohnung und 1.056 mit Haupt- und Nebenwohnung in Langenstein
- 2017 wohnten 989 Einwohner mit Hauptwohnung und 1.048 mit Haupt- und Nebenwohnung in Langenstein
- 2018 wohnten 1.006 Einwohner mit Hauptwohnung und 1.023 mit Haupt- und Nebenwohnung in Langenstein
- 2019 wohnten 1.004 Einwohner mit Hauptwohnung und 1.021 mit Haupt- und Nebenwohnung in Langenstein
- 2020 wohnten 996 Einwohner mit Hauptwohnung und 1.019 mit Haupt- und Nebenwohnung in Langenstein
Das Dorferneuerungsprogramm (1981 bis 1992)
Von ganz großer Wichtigkeit war für die Langensteiner die mit Landesmitteln geförderte Dorferneuerung. An fast allen Gebäuden im alten Ortskern konnten umfangreiche Sanierungsarbeiten, wie Erneuerungen von Fassaden, Dächern, Fenstern, Einfriedungen, Hofflächen durchgeführt werden. Dadurch hat sich das gesamte Dorfbild positiv gewandelt.
Langenstein ist an das Erdgasnetz angeschlossen. Zahlreiche Häuser werden daher mit dieser Energie beheizt. In vielen Straßen ist das Kabelfernsehnetz vorhanden. Das gesamte Strom- und Telefonnetz wurde in den letzten Jahren verkabelt.
Weitere Kapitel
zur Entwicklung des Dorfes Langenstein in Hessen werden in der Dorfchronik mit viel Geschick erzählt. Als zugezogener „Nicht-Langensteiner“ erfährt man hier viel zum Verständnis und als gebürtiger Langensteiner sicher auch die eine oder andere Hintergrundinformation. Prädikat: absolut lesenswert!
- Geschichtliche Erstzeit
- Der Deutschritterorden in Langenstein
- Langenstein und sein Adelsgeschlecht
- Vom Mittelalter zur Reformation und Gegenreformation
- Gefangene Fuhrleute an der Landstraße Kirchhain – Langenstein Anno Domini 1655
- Die einstige Wasserburg „zur Netze“ bei Langenstein
- Wüstungen bei Langenstein
- Die Flurnamen
- Zwischen Dreißigjährigem und Siebenjährigem Krieg
- Langenstein vor 200 Jahren
- Aus napoleonischer und kurhessischer Zeit
- Hausinschriften erzählen
- „Langenstein Amts Kirchhain“ vor 100 Jahren
- Das letzte Jahrhundert bis 1966
- Aus der Geschichte der Kirche
- Selbständiges Kirchspiel Langenstein-Niederwald ab 01.04.1985
- Aus der Vergangenheit der Schule
- Langenstein von 1966 bis 1976
- Langenstein von 1976 bis 2001
- Der lange Stein und sein vorgeschichtlicher Hintergrund
Abschluss Auszug aus der Dorfchronik
Vorerst möchten wir die Aufzählung der Ereignisse hier beschließen und noch einmal ausdrücklich dem MGV für die Bereitstellung der Daten und Informationen danken. Es war sehr aufschlussreich !