Mit der Homberger Kirchenordnung (1526) werden die Regeln zur Einführung der Reformation in Hessen umgesetzt.
Fertigstellung des spätgotischen Neubaus der Jakobskirche mit dem einzigartigen doppelten freischwebenden Netzgewölbe
Das Dorf wird protestantisch; der erste evangelische Pfarrer zur Zeit von Landgraf Philipp ist Johannes Gernand.
Reitende Boten und Postkutschen transportieren Briefe, Dokumente und Päckchen mit Halt an den Stationen Kirchhain, Langenstein, Erksdorf, Speckswinkel, Momberg, Treysa nach Norden oder über Treysa, Spangenberg, Wanfried, Mühlhausen weiter ins Thüringische und weiter nach Leipzig.
Eine wichtige Grenze trennt Langenstein, das zur Landgrafschaft Hessen gehört, von Allendorf, Emsdorf und Amöneburg. Hier verläuft nicht nur eine Landes- sondern auch eine Religionsgrenze zwischen dem katholischen Fürstentum Mainz und der protestantischen Landgrafschaft Hessen; dies führt zu zahlreichen, teilweise blutigen Grenzstreitigkeiten. 1756 wird die Grenze durch Grenzsteine neu markiert. Diese zeigen auf der einen Seite den hessischen Löwen, auf der anderen das Mainzer Rad, Symbol des Kurfürstentums Mainz.
Das Bild zeigt eine Seite des Steines in der Wüstung Leiterstede.
Im Salbuch (Verzeichnis der Besitzrechte) von Kirchhain findet sich eine Ortsbeschreibung von Langenstein; der hessische Landgraf besitzt alle Hoheitsrechte; 50 Häuser werden aufgezählt einschließlich der Netzmühle, davon 17 große Höfe; wer nach Langenstein ziehen möchte, muss ein Einzugsgeld leisten; dazu gehören ein Ledereimer, um beim Ausbruch eines Feuers den Brand mitbekämpfen zu können und die Zahlung von 8 Talern an den Beamten des Landgrafen.
Schule im Ort, erster benannter Lehrer ist Ludwig Keßler; als „Opfermann“ sammelt er im Auftrag der Kirche Abgaben und Spenden zur Finanzierung der Gemeindeaufgaben (Kirchenbau, Schule, Besoldung des Pfarrers und des Lehrers) ein.
Der hessische Landgraf Moritz erzwingt für die gesamte Landgrafschaft einen Bekenntniswechsel der Bevölkerung zur Reformierten Konfession hin; nach seinem Tode wird Langenstein 1624 wieder lutherisch.
Durch Seuchen, Hunger und Gräueltaten der Truppen verringert sich die Bevölkerung; die Pest wirkt sich ebenfalls vernichtend aus; bei rund 60 % der Bevölkerung liegen die Verluste in Oberhessen; Dörfer veröden, die Landwirtschaft, Handel und Gewerbe liegen darnieder.
Verwüstung der Region durch die vielen Feldzüge und Schlachten des Dreißigjährigen Krieges; Einquartierungen von kaiserlichen und den gegnerischen schwedischen Truppen, die das Vieh beschlagnahmen, die Häuser ausplündern und die Menschen morden und quälen. Viele Flüchtlinge suchen in Langenstein eine Bleibe. Verschärft werden die großen europäischen Kämpfe durch den Hessen-Krieg zwischen den verfeindeten Familien von Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt; Langenstein, im Besitz von Hessen-Darmstadt, Amöneburg und Allendorf im Besitz des katholischen Erzbischofs von Mainz und das Lahntal im Besitz der Kasseler, ist Grenz- und damit Kampfgebiet der durchziehenden Truppen. Ausführlich berichtet Caspar Preiß in seiner „Stausebacher Chronik“ über die Zeit des Dreißigjährigen Krieges, ebenso die Chronik des MGV von 2001 und die des Bürgermeisters von Kirchhain, Heinrich Grün von 1952.
Grabstein Elisabeth Wallenius, Grabstein Anna Elisabetha (1710) auf dem ehemaligen Friedhof um die Jakobskirche; die beiden sind ein Teil einer Gruppe von Grabsteinen, die nach der Verlegung des Friedhofes erhalten sind; sie bestehen aus Sandstein und ihre Bilder und Inschriften berichten aus vergangenen Zeiten: Zwei Engelchen (Putten) halten eine Krone, diese symbolisiert die Krone des Ewigen Lebens, die der gläubige Christ erhält, ein sehr beliebtes Schmuckelement auf evangelischen Grabsteinen; diese Krone findet sich auch über einem Familiengrabstein aus dem späten 18. Jahrhundert, der den Ehemann in der Mitte mit zwei Söhnen rechts von ihm und zwei Ehefrauen links zeigt; vermutlich ist eine der Frauen im Kindbett gestorben, da sie einen Säugling im Arm trägt; die große Krone schwebt über einer Girlande aus Blumen und Früchten und trägt eine Weltkugel mit einem Kreuz.
Weltkrieg, der in Nordamerika zwischen Frankreich und England, auf dem europäischen Festland zwischen Frankreich, Österreich, Russland und Preußen stattfindet; Kampf Preußens um Schlesien;
Alliierte: Preußen an seiner Seite England, Hannover, Hessen-Kassel, Braunschweig, Sachsen-Gotha
gegen: Österreich mit Rußland, Sachsen, Schweden
Gefecht bei Emsdorf
Gefecht an der Brücker Mühle mit anschließendem Waffenstillstand (Gedenkstein im Hof des Wirtshauses an der Brücker Mühle)
Ergebnis: bis auf Kanada werden die Kolonien in Nordamerika britisch, Preußen kann seinen Staat auf dem Festland behaupten.
Im Siebenjährigen Krieg ziehen französische und britisch-braunschweigische Heere mehrfach durch Langenstein, beschlagnahmen Pferde, Wagen und Viehfutter und besetzen das Dorf, zu dem 1761 rund 75 Haushalte gehören. Am 08.04.1758 bekämpfen sich britische und französische Truppen an der Hohen Eich. Bis zum „Gefecht an der Brücker Mühle“ im Sommer 1762 leidet der Ort unter Einquartierungen und die durchziehenden Truppen. Mit dem Waffenstillstand vom 15.11.1762 endet der Krieg auf hessischem Gebiet. Im Brücker Wirtshaus erinnert ein Obelisk an den Weltkrieg in unserer Region.
Ein französischer Soldat (unbekannt) verliert 1760 sein Militärtagebuch, welches im selben Jahr in den Besitz des Langensteiner Bauern Johannes Schefer gelangt. Noch bis 1873 wird es als Notizbuch für aus Sicht der Familie relevante Ereignisse genutzt.
Betreuung der Pfarrei durch Rauschenberg
England bittet seinen ehemaligen Verbündeten aus dem Siebenjährigen Krieg, die Landgrafschaft Hessen-Kassel, um Unterstützung für den Kampf gegen die Unabhängigkeitsbewegung in Nordamerika. Daraufhin vermietet der hessische Landgraf gegen Geld 20000 Hessen an England. – Hessische Truppen kämpfen in den britischen Kolonien; 1776 erklären die 13 Neuenglandstaaten ihre Unabhängigkeit und rufen die Vereinigten Staaten von Amerika aus.
Einführung des Kartoffelanbaus im Ohm- und Lahntal.
Es leben rund 450 Einwohner im Dorf; eine genaue statistische Abbildung der Einwohnerschaft, der Landwirtschaft und der Besitzverhältnisse findet sich in der Chronik des MGV von 2001.
Nach der Eroberung Europas durch Napoleon, seinem erfolgreichen Krieg gegen Österreich, Preußen und weitere deutsche Staaten gründet er 1807 das Königreich Westphalen. Es wird durch seinen Bruder Jerome regiert, der Kassel zu seiner Hauptstadt macht. Alle noch bestehenden Klöster und Orden, wie der Deutsche Orden, werden aufgelöst, ebenso die vielen kleinen Herrschaften und selbständigen Fürstentümer, wie das Kurfürstentum Fulda und Mainz, aufgehoben.
Erstellung eines ausführlichen Protokolls über den Grenzverlauf zwischen Kirchhain und Langenstein; auf Antrag des Amtsmannes in Kirchhain J. G. Junk wird in der Zeit vom 24.-26.10.1791 die seit dem 16. Jahrhundert bestehende Tradition des Grenzganges wieder aufgenommen und die Grenze von Kirchhain abgeschritten; für die Kirchhainer Seite sind als fürstlicher Beamter der Amtmann Junk, Bürgermeister Maaß, Proconsul Kießelbach, zwei Ratsschöffen und weitere offizielle Vertreter der Stadt beteiligt. Von Langensteiner Seite kommen der Grebe (Bürgermeister) Althainz und der Bauermeister mit anderen Bürgern des Ortes zum Treffpunkt am 162.Grenzstein. Von hier aus führt die Wanderung über die Wiesen in Richtung Plausdorf, dann zum Mainzer Wald (Hohe Eich). Zwei Tage wandern die Kirchhainer mit den Langensteinern die gemeinsame Grenze ab, die in einigen Teilen umstritten ist.
Im Königreich Westphalen, zu dem Oberhessen gehört, wird Kassel Hauptstadt. Die Hessen müssen Steuern an Frankreich zahlen und in dem französischen Kriegen in Spanien und Russland kämpfen. Der seit dem Mittelalter bestehende Besitz des Deutschen Ordens in Langenstein wird aufgelöst.
Nach seiner endgültigen Niederlage in Waterloo wird Napoleon nach St. Helena, einer Insel vor der Küste Südafrikas, verbannt.
In den Befreiungskriegen gegen Napoleon kämpfen auch Langensteiner mit, wie eine Gedenktafel im Gemeindearchiv zeigt.
Im Kurfürstentum werden alle fortschrittlichen Maßnahmen der Franzosenzeit wieder aufgehoben. So beschränkt der Kurfürst die Gewerbefreiheit und führt die Zunftordnung wieder ein. Die Soldaten tragen als äußeres Zeichen der Rückkehr zu den alten Zeiten wieder einen Zopf.
Der Wegfall vieler Zollgrenzen und die Erfindung der Eisenbahn führen in Kassel, Frankfurt, Hanau und anderen hessischen Städten zu einem Wirtschaftsaufschwung.
Frühester im Staatsarchiv Marburg aufbewahrter Visitationsbericht zur Langensteiner Schule. Heinrich Keßler ist seit 1797 als Lehrer im Ort tätig. Er muss 115 Kinder unterrichten und hat die Lehrtätigkeit bei seinem Vater gelernt. Die Gemeinde stellt ihm eine Wohnung und bezahlt ihn überwiegend in Naturalien. Damit ist er ein typischer Vertreter der Lehrerschaft in Kurhessen, die abhängig von der Kirche, schlecht bezahlt ihr Leben fristet. Wo das Schulgebäude steht, verzeichnen die Akten jedoch nicht.
Seit 1838 plant das Kurfürstentum den Bau einer Eisenbahnstrecke von Kassel über Fulda nach Hanau. Seit 1841 verhandeln die Freie Reichsstadt Frankfurt, das Großherzogtum Hessen-Darmstadt und der kurhessische Staat über die Streckenführung der Main-Weser-Bahn. Am 05. April 1845 wird der Vertrag geschlossen, der den Verlauf der Eisenbahn von Frankfurt über Friedberg, Gießen, Marburg nach Kassel festlegt. Die Bauarbeiten beginnen 1846. Neue Arbeitsplätze entstehen: für den Streckenbau müssen Arbeiter angeworben werden. Am 03.April 1850 wird die Strecke Kassel-Marburg eröffnet, am 15. Mai 1852 die gesamte Main-Weser-Bahn bis Frankfurt.
Der Eisenbahnbau verändert die kurhessische Wirtschaft durch den Anschluss an größere Wirtschaftsräume. Die hessische Landwirtschaft bleibt weiter durch Klein- und Kleinstbetriebe geprägt, die Versorgung bleibt prekär. Viele Familien verarmen und wandern aus.
Langenstein erhält keinen Bahnhalt, weil der damals bebaute Teil des Ortes zu weit entfernt ist. In der Gemarkung von Langenstein existieren fünf Bahnwärterhäuschen. Die Bahnwärter hatten die Aufgabe die Sicherheit auf der Strecke zu gewährleisten; sie standen in Sichtkontakt.
Auswanderung wird für viele Menschen zu einer Zukunftsperspektive: Mit Einführung der Dampfschiffe wird die Reise nach Amerika und anderen Gebieten in Übersee sicherer und zeitlich genau berechenbar; um auswandern zu dürfen, muss ein Antrag an die Obrigkeit auf Entlassung aus dem Untertanen- und Staatsverband gestellt werden; die Gemeinden bescheinigen dem Antragsteller die Erfüllung der Wehrpflicht, der Zahlung von Steuern und geben ein Führungszeugnis und eine Geburtsurkunde aus. Minderjährige brauchen die Zustimmung der Eltern. Neben dieser geregelten Auswandung verlassen viele heimlich die Heimat.
In der Jahrhundertmitte kehren viele Menschen Oberhessen den Rücken, um nach Übersee auszuwandern. Viele Langensteiner, die Akten verzeichnen 111 namentlich bekannte Personen mit ihren Familien, verlassen besonders in den 1850er bis 1866 Jahren den Ort und wandern nach Amerika aus. Die ersten gehen schon 1834. Missernten, der Mangel an Holz in den sehr kalten Wintern, die verheerende Kartoffelkrankheit in den 1840er Jahren, die große Hungersnot 1847 steigern die Ausreisezahlen aus Oberhessen. Viele treibt die zunehmende Verarmung weg aus der Heimat, einige gehen aus politischen Gründen, die meisten hoffen auf eine bessere Zukunft für ihre Familien. Auffällig ist, dass die Langensteiner Amerika oder Nordamerika als Ziel angeben. Sie stammen überwiegend aus Bauernfamilien, doch auch ein Schreiner, zwei Schneider, ein Sattler und ein Musikus machen sich auf in die Neue Welt.
Aus einer Schiffsliste erfährt man, dass Martha Pabst aus Langenstein als alleinstehende Frau mit 25 im Jahr 1862 aus dem Kurfürstentum Hessen in die USA ausgewandert ist. Sie fährt mit einem Dampfschiff der HAPAG-Schiffsgesellschaft im Zwischendeck von Hamburg aus, während die meisten Auswanderer sich in Bremen einschifften. Für die Atlantiküberquerung brauchen die Dampfschiffe 1858 noch 13 bis 19 Tage, aber schon 1866 nur noch 9 Tage und drei Stunden für die Strecke von Hamburg nach New York. Verbunden mit der Nutzung der Main-Weser-Bahn und der Eisenbahnverbindung nach Hamburg bietet diese Verkürzung der Reisedauer viele Vorteile. Neben dem Zeitgewinn wird das Problem einer Seekrankheit verringert, können die Passagiere länger mit frischem Essen versorgt werden und verringert sich die Seuchengefahr an Bord. Trotzdem bleibt die Überfahrt im Zwischendeck, die von den meisten Auswanderern gebucht wird, schwierig. Eine strenge Schiffsordnung versucht den Alltag zu regeln. Dazu gehört die tägliche Reinigungspflicht für die Kajüten, die Verpflichtung tagsüber an Deck zu bleiben und vor Verlassen der Kajüte alles mitzunehmen und wiederum den Raum zu reinigen
Eröffnung der Gastwirtschaft „Zur Linde“, Familie Schnell (Dokument von Gunhild Schneider zur Verfügung gestellt)
Seit der Neuzeit existiert bereits im Ort eine Gaststätte Wirt (heute Herbener), die vermutlich in Zusammenhang mit der Nutzung der Eisenbahnstrecke schließt.
Von den 627 Einwohnern des Dorfes betreiben 25 Personen ein Handwerk, davon sieben als Leinweber und vier als Schneider. Den Beruf des Leinwebers gibt es heute nicht mehr. Aus Flachsfasern stellt er auf großen Webstühlen Tuch her, das meist an von einem Zwischenhändler aufgekauft wird. Im April wird der Flachs ausgesät; im Sommer in den Monaten Juli und August wird er geerntet. Dazu werden die Pflanzen ausgerissen, getrocknet und weiterverarbeitet. Bis die gesponnene Faser gewebt werden kann, sind noch viele Arbeitsschritte nötig.
Große und kleine Höfe stehen im Ort neben einander; Pferde-, Kuh-, Schwein- und Schafzucht werden betrieben. Der Ort hat noch keine eigene Post; es gibt 93 Häuser, meist zweistöckig, die Dorfstraßen sind gepflastert; in Gemeindebesitz sind das Back-, Spritzen- und Leiterhaus; Sand- und Quadersteinbrüche des Ortes werden als qualitativ hochwertig angesehen.
Feierliche Einweihung am 11.10.1866 durch den Pfarrer; das Schulgebäude steht am Platz des heutigen Feuerwehrhauses; Plan aus Staatsarchiv https://digitalisate-he.arcinsys.de/hstam/karten/p_ii_14168/hstam_karten_nr_p_ii_14168_r.jpg.
Langenstein wird preußisch und gehört bis zur Auflösung von Preußen nach dem Zweiten Weltkrieg zur preußischen Provinz Hessen-Nassau.
Nach dem Krieg gegen Frankreich wird das Deutsche Kaiserreich, Provinz Hessen-Kassel gegründet. Als gemeinsame Währung dient nun im gesamten Deutschen Kaiserreich die Mark. Preußische Münzstätten versorgen seit 1866 Hessen.
Beteiligung von 21 Langensteiner Männern, die eine Gedenktafel in der Langensteiner Kirche am Aufgang zur Orgelempore auflistet.
Bau der meisten heutigen alten Höfe im Kaiserreich.
Gründung des Männergesangvereins „Frohsinn“ Langenstein
Erste Flurbereinigung – Zusammenlegung von Grundstücken
Dazu berichtet am 08.08.1882 das Kreisblatt für die Kreise Marburg und Kirchhain (S. 237) über die Militäreinquartierung während der Herbstübungen in Langenstein; in der Zeit vom 13./14. September sollen 20 Offizieren und 402 Mannschaften mit 99 Pferden, am 16. und 17. September 17 Offiziere, 434 Mannschaften, 7 Pferde im Ort aufgenommen werden.
Damit wird die Volksschule Langenstein zweiklassig und erhält eine zweite Lehrerstelle; in 1885 werden 156 Kinder in zwei Schulen in Langenstein unterrichtet.
Anzeige im Kreisblatt für die Kreise Marburg und Kirchhain, Beilage zur Oberhessischen Zeitung vom Dienstag, 10. März 1891, Nr.127 über das Freiwerden der zweiten Schulstelle in Langenstein, bei einem Jahreseinkommen von 780 Mark, freier Wohnung und Feuerungsentschädigung.
Anlage eines neuen Friedhofes am Ortsausgang (Nähe Wasserbassin)
Das Jahr bringt neue rechtliche Regelungen zur Straßenreinigung, der Entsorgung von Schmutzwasser und einer Vielzahl an Hygienevorschriften; diese Polizeiverordnungen werden im Kreisblatt vom Freitag, den 3. Mai 1889 abgedruckt; die Bürgermeister der Landgemeinden werden besonders aufgerufen auf die Einhaltung der Regeln zu achten.
Aus dem Kreisblatt für die Kreis Marburg und Kirchhain, Beilage zur Oberhessischen Zeitung vom 03.Mai 1889.
In Zusammenhang mit den bevorstehenden Wahlen zum Preußischen Landtag findet eine Volkszählung in allen preußischen Gebieten statt.
Das Kreisblatt von Kirchhain berichtet am Freitag, den 2. Juli 1897, dass Langenstein 569 Einwohner zählt und zwei Wahlmänner stellt.
Jährlich wird der Geburtstag des Kaisers in der Schule und in der Öffentlichkeit gefeiert. Aus diesem Anlass wird die Sperrstunde in den Gaststätten jeweils verändert:
Aus dem Kreisblatt für die Kreis Marburg und Kirchhain, Beilage zur Oberhessischen Zeitung vom Freitag, den 22. Januar 1897, Nr. 56: „Aus Veranlassung der Feier des Allerhöchsten Geburtstages Seiner Majestät des Kaisers wird die Feierabendstunde für sämtliche Gast- und Schankwirtschaften im Kreise am 27. B. M. bis Nachts 2 Uhr verlängert.
Der königliche Landrat: Freiherr Schenck zu Schweinsberg“]
Ähnliche Verordnungen tauchen bis in die Kriegszeit seit den 1880er Jahren auf.
Die Gaststätte Stein wird eröffnet. Am 04.Januar 1904 stimmt der Gemeinderat einem Konzessionsantrag „zur Betreibung der Gastwirtschaft“ von Conrad Schneider (Petersch) zu, „in der Weise, daß Antragsteller sich verpflichtet, die Herbergierung aller Fremden für deren Unterkommen die Gemeinde verpflichtet ist ohne irgendwelche Vergütung oder Entschädigung übernimmt“. Petersch Gastwirtschaft liegt an der Hauptstraße, heute Hausnummer 1 und bietet einen großen Saal für Versammlungen und Festlichkeiten.
Für den Betrieb der Gaststätten bestehen schon im 19. Jahrhundert strenge rechtliche Vorgaben, wie der Abdruck der Polizeiverordnung (Verbot des Alkoholausschanks an Jugendliche unter 14 Jahre und an „Trunkenbolde“) aus dem Kreisblatt für die Kreise Marburg und Kirchhain vom Freitag, den 14. November 1890 zeigt.
Neue Verkehrsmittel werden auch in unserer Region genutzt. 1898 tritt eine neue Verordnung in allen preußischen Gebieten in Kraft: Gültigkeit der Verordnung, das Radfahren auf öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen betreffend. Damit wird jeder Radfahrer verpflichtet, eine „Radfahrkarte“ (Ausweis) mit sich zu führen und sein Rad mit einem Schild zu kennzeichnen. Die Regelung wird im Kirchhainer Kreisblatt vom Sonnabend den 23. April 1898 veröffentlicht.
Über die Landwirtschaft, den Besitz im Dorf, die Viehwirtschaft und das Handwerk berichtet präzise und informativ die Chronik des MGV von 2001. Aus ihr wird hier nur die Anzahl der Handwerksbetriebe zitiert: vier Schmiede, drei Wagner, ein Krämer, ein Schreiner, ein Schuhmacher, drei Maurer, vier Schneider, zwei Wirte, sieben (noch) Leineweber, ein Weißbinder arbeiten um 1900 im Dorf.
Im Kreisblatt für die Kreise Marburg und Kirchhain, Nr. 10 vom 4.2.1902, Nr.57 wird angekündigt: „Den Schmieden Heinrich Henkel zu Langenstein und Philip Kratz zu Rauschenberg ist nach bestandener Prüfung das Befähigungszeugniß zum Betrieb des Hufbeschlags erteilt worden.
Kirchhain den 30.Januar 1902
Der Königliche Landrat:
Frhr. Schenck zu Schweinsberg“
Volksschule Langenstein 1903
Kreisblatt für die Kreise Marburg und Kirchhain, Nr. 9 vom 17. November 1903, Polizeiverordnung für das Backen in Gemeindebacköfen; zwei Backhäuser (Gierweg und Hintergasse) werden in der Schulchronik genannt; für die Dorfgemeinschaft sind die Backhäuser wichtig und die Nutzung ist genau geregelt; die Reihenfolge fürs Abbacken wird durch ein Losverfahren am Tage vorher unter Aufsicht des Ortsvorstehers festgelegt; Klötzchen, auf denen die Hausnummern stehen, legen so den zeitlichen Ablauf fest; das Anheizen wird reihum übernommen, der Bürgermeister führt darüber eine Liste; genau festgelegt wird die zur Verfügung stehende Backzeit; nachdem alle Brote gebacken sind, kommen die Kuchen dran.
Bau des Wasserhauses unterhalb des Friedhofs und einer Wasserleitung, Modernisierung der Wasserversorgung; Finanzierung durch eine Geldanleihe nach Beschluss des Gemeinderates. Bis zu diesem Zeitpunkt versorgt sich die Bevölkerung über Quellwasser des Prinzheuser Brunnens und Moritzbrunnens; in Häusern des Ortes können gegrabene Zieh-Brunnen (Johann Ludwig Pabst, Hausnr. 19 und Ludwig Weber, Hausnr. 68) genutzt werden. Nach der Entdeckung der Typhusbakterien (1884) und der Cholera Erreger (1885) in Gebrauchswasser wird die Wasserversorgung in vielen Gemeinden verändert, um die Seuchengefahr zu bannen. Auf Anregung des Volksschullehrers Wickert beschäftigt sich der Gemeinderat in Langenstein mit der Modernisierung der Wasserversorgung, da in der Bevölkerung die Einsicht in die Bedeutung von sauberem Wasser wächst. Im Dorfteich – dem Lehmekautkomb - (5 mal 10 m) sammelt sich Oberflächenwasser als Vorsorge für einen Brandfall.
Kreiszeitung Kirchhain, Nr. 14 vom 27. Februar 1906, berichtet unter Nr. 109:
Peter Schmidt aus Langenstein hat die Hufschmiede-Prüfung bestanden in der Lehrschmiede von Kirchhain.
Es wird im Gemeinderat über den Feuerlöschteich beraten.
Bekanntmachung im Kreisblatt für die Landkreise Marburg und Kirchhain, Nr. 91 vom 19. November 1907, Nr. 788
„In Langenstein, Kreis Kirchhain, ist eine Telegraphenanstalt mit Unfallmeldedienst und öffentlicher Fernsprechstelle in Wirksamkeit getreten. Cassel, 14. November 1907.
Kaiserliche Ober-Postdirektion Hoffmann
Wird veröffentlicht. Kirchhain, den 16. November 1907. Der königliche Landrat: Frhr. Schenck zu Schweinsberg“
Die uralte Linde vor dem Kirchhof in der Nähe des Langen Steins wird durch Blitzschlag zerstört. An derselben Stelle wird eine neue Linde gepflanzt, die bis heute den Kirchhof schmückt.
Kreisblatt für die Landkreise Marburg und Kirchhain, Nr. 56 vom 12. Juli 1912, Nr. 439
„Nach Fertigstellung der Wegeüberführung in km 86,325 der Bahnstrecke Cassel-Frankfurt a.M. ist der Wegeübergang im Zuge des Landwegs Langenstein-Niederrheinische Straße beseitigt und die angrenzende Wegestrecke, wie örtlich kenntlich gemacht, für den öffentlichen Verkehr gesperrt worden. Kirchhain, dn 8.Juli 1912. Der königliche Landrat: v. Gilsa“
Bau eines Wäschereischuppen
Gründung eines Jünglingsvereins im Gasthaus Stein von 22 jungen Männern durch den Lehrer Wickert; der preußische Staat und der Kreis unterstützen die protestantische, patriotische Vereinsgründung.
Die Hundertjahrfeier der Völkerschlacht bei Leipzig gegen Napoleon wird zu einem Fest für das Dorf. Die Schulchronik berichtet über die Vorbereitungen im Ort: „Abends 6 Uhr versammelte sich die Schuljungen, der Krieger- und Gesangsverein am Ausgang des Dorfes auf der Kirchhainer Straße. Hier fand die Aufstellung des Festzuges statt, welcher sich durch die Straßen des Dorfes unter Besingen und Beleuchtung auf die Burg bewegte, woselbst ein mächtiges Feuer abgebrannt wurde, wobei Schulkinder und Gesangverein patriotische Lieder sangen.“ Der Zug kehrt anschließend ins Dorf zum Festplatz zurück, wo ein Gedenkstein eingeweiht wird. Dieser Sandstein stammt vom Weg nach Burgholz und wurde auf Anregung des Lehrers Wickert von dem Steinfasser Heinrich Knack bearbeitet. Der Chronist beschreibt die Einweihungsfeier und vermerkt, dass alle Bewohner des Dorfes anwesend seien. Der Stein steht heute noch am Rande des alten Sportplatzes neben der Grundschule.
Das Kreisblatt für die Kreise Marburg und Kirchhain, Nr. 82 vom 17. Oktober 1913, Nr. 585, enthält eine Anordnung zur „Verlängerung der Polizeistunde aus Anlass des 100. Gedenktages der Schlacht bei Leipzig“
Gründung der Raiffeisengenossenschaft; sie errichtet eine Maschinenhalle am Ortseingang in der Nähe des Friedhofes; nach einer Nutzungszeit als Lagerhaus der Firma Schneider wird sie 1996/97 zu einem Wohnhaus umgebaut.
Im Kreisblatt für die Landkreise Marburg und Kirchhain, Nr.53 vom 4. Juli 1913 wird eine Vormusterung der Pferde für die Armee in Langenstein angeordnet.