Zwangsarbeit mit Verbundenheit

Zwangsarbeiter im Wasserwerk Allendorf während des 2.Weltkriegs sorgen für Freundschaft und Verbundenheit mit Einwohnern in Langenstein

Auch im 2.Weltkrieg (1939-1945) wurde im heimischen Industriegebiet, wo sich die Sprengstoffwerke der DAG und WASAG in (Stadt-)Allendorf befanden, Zivilpersonen, KZ-Häftlinge und Kriegsgefangene aus ganz Europa eingesetzt.

Heinrich Huth (geb.2.4.1897) aus Langenstein und Max Perreur aus Troyes (Frankreich) arbeiteten während des Krieges zusammen im Wasserwerk (Stadt-)Allendorf. Heinrich Huth blieb auch später Mitarbeiter in Allendorf, wohnte im Gierweg Nr.105 a.
Während unser Großvater Heinrich immer nach Hause durfte, musste Max (später Onkel Max) unter den Zwangsbedingungen leiden. Dies veranlasste Heinrich und seine Frau Katharina (geb.14.3.1902) ihm abwechselnd heimlich Essen und Trinken ins Wasserwerk zu schmuggeln. Es wurde in Kleidung und Strümpfen versteckt, um an den Wachen vorbei zu kommen. 

Dann stellten unsere Großeltern beim Lagerkommandanten den Antrag, Max für Arbeiten im Haus der Familie Huth (Holz hacken, Arbeiten auf dem Feld u.a.) freizustellen. Der Antrag wurde genehmigt und Max konnte wenigstens 1-2mal die Woche aus dem Lager nach Langenstein kommen. An diesen Tagen bekam er von Oma immer reichhaltig und gut zu essen. Speck, Brot und Wurst wurden ihm abends mitgegeben, so dass er auch im Lager noch etwas Gutes zu essen hatte. Bei dieser Rückkehr jedoch war der Schmuggel sehr gefährlich. Nach Ende des Krieges und der Befreiung des Lagers Münchmühle war Max Perreur verschwunden. Erst im Sommer 1960 stand er unerwartet und nicht erkannt mit seiner Frau Leone (später Tante Leone) vor der Tür im Gierweg Nr.105 (heute Nr.7).Tränen flossen und er erzählte, dass er bis Frankfurt gelaufen und dann mit dem Zug bis Troyes (Frankreich) in seine Heimat gefahren sei.

Die enge Verbundenheit und der Nichtfremdenhass, der für alle Langensteiner gegolten hat, sorgten für eine enge Freundschaft, die sich bis in die 1990iger Jahre über die späteren Generationen der Familien Hagenbrock und Fixmer mit ihren Kindern fortsetzte. Briefkontakte (mit Übersetzung) und regelmäßige gegenseitige Besuche pflegten die Verbundenheit und Dankbarkeit.

Da die Ehe von Max und Leone kinderlos geblieben war, brach der Kontakt nach Frankreich mit dem Tod der beiden leider ab.

Kleine Anekdote am Rande: Bei einem Besuch in Frankreich fragte Max unseren Opa: „Willst Du trinken was?“ Darauf antwortete Opa: „Ne, ne Wasser will ich nicht, ich trinke nur Bier.“

Onkel Max und Tante Leone bleiben in alle Ewigkeit in unserem Herzen.

geschrieben 27.06.2023 zum Jubiläum der 800 Jahre Feier Langenstein: Angelika Geisler, geb. Fixmer und Olaf Hagenbrock, Quelle: aus einem Buch von Käthe Hagenbrock, geb. Huth